Ehrenbürger der Stadt Dorsten

 

1846: Joseph Rive (1771-1863)
Landgerichtspräsident zu Trier und Vorstand der Trierer Familie Rive, war erster Ehrenbürger der Stadt Dorsten. Die Stadtverordnetenversammlung verlieh ihm diese Ehre zu seinem 50-jährigen Dienstjubiläum am 19. März 1846. In seinem Testament bedachte er das St. Elisabeth-Krankenhaus in Dorsten mit einer Jahresrente von 100 Reichtalern.

1868: Dr. Johann Heinrich Franz Drecker (1792-1880)
Geheimer Sanitätsrat, war Kreisphysikus in Recklinghausen. Anlässlich seines 50-jährigen Berufsjubiläums wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Stadt Dorsten 1868 verliehen.

1919: Ferdinand Jungeblodt (1839-1922)
Justizrat, war Magistratsmitglied, Stadtverordneter und Kreistagsabgeordneter. Seine Verdienste um die heimische Wirtschaft und das Gymnasium würdigte Dorsten mit der Ehrenbürgerschaft, die der inzwischen Achtzigjährige am 28.12.1919 erhielt.

1932: Gustav Conermann (1855-1942)
katholischer Pfarrer in der Gemeinde Wulfen, wurde am 28.06.1932 zum ersten und einzigen Ehrenbürger der bis 1975 selbständigen Gemeinde Wulfen ernannt. Von 1895 bis 1938 – insgesamt 43 Jahre – stand der in Rheine geborene Pfarrer der katholischen St. Matthäusgemeinde vor. Er ist 1882 als damals Jüngster zum Priester geweiht worden, anlässlich seines goldenen Priesterjubiläums verliehen ihm die Wulfener Bürger für seine großen Verdienste um die Gemeinde das Ehrenbürgerrecht.

Gustav Conermann taufte während seiner 37jährigen Amtszeit 1.866 Kinder, traute 326 Paare und gab 819 Verstorbenen das letzte Geleit. Er galt als einfach und fromm und war von feingliedriger und zierlicher Statur. Dennoch leistete er beeindruckende seelsorgerische Arbeit in seiner Gemeinde. Neben dem geistigen Beistand für seine Pfarrkinder widmete er sich auch öffentlichen und sozialen Belangen und ist einer der Mitbegründer des Wulfener Spar- und Darlehnskassenverein und des Gemeinnützigen Bauvereins, unterrichtete in der Schule selbst im Religionsunterricht und versah - bis zur Ausrufung der Weimarer Republik - das Amt des Ortsschulinspektors. Verdient gemacht hat sich Conermann auch beim Ausbau seiner Kirche, die neue Bänke, elektrisches Licht, eine Heizung und sogar einen Blitzableiter erhielt sowie beim Kirchbau in Deuten. Als er mit 87 Jahren starb, hatte er noch das diamantene Priesterjubiläum feiern können. Sein Grab befindet sich auf dem Matthäus-Friedhof in Dorsten-Wulfen.

Aus Pfarrer Cornermanns Leben und Wirken

1961: Wilhelm Norres (1881-1976)
Pyrotechnischer Ingenieur und Fabrikant, war Mitglied der Zentrumspartei, aktiv im Magistrat und Beigeordneter in den Jahren 1924 bis 1933. Nach dem Zusammenbruch des 3. Reiches setzte er 1946 seine politische Arbeit als Stadtverordneter bis 1964 fort. Er ist einer der Mitbegründer der Dorstener CDU und Vater der Stadtwerke in Dorsten. Die Wilhelm-Norres-Stiftung bemüht sich um Ausgleich, Harmonie und Toleranz im Kreise der Ratsmitglieder.

1963: Paul Schürholz (1893-1972)
Kaufmann und ehemaliger Bürgermeister der Stadt Dorsten, gehörte seit der Weimarer Republik mit Unterbrechungen zunächst als Mitglied der Zentrumspartei, dann der NSDAP und nach dem 2. Weltkrieg der CDU dem Rat der Stadt Dorsten an. 1948 wurde er zum Bürgermeister gewählt und bekleidete das Amt bis 1964. Er hat sich besonders um den Wiederaufbau der stark zerstörten Innenstadt verdient gemacht. An seinem 70. Geburtstag wurde er für seine Verdienste um die Stadt Dorsten mit der Ehrenbürgerwürde ausgezeichnet.

Dass Schürholz im Nationalsozialismus mehr als nur ein Mitläufer war, sondern in dieser Zeit auch Funktionär und Propagandist der Nazi-Ideologie hatte die Forschungsgruppe „Dorsten unterm Hakenkreuz“ bereits in den 1980er Jahren erarbeitet. 2023 wurde aus der Bürgerschaft eine breite Diskussion angestoßen, ob Schürholz aufgrund seiner NS-Vergangenheit die Ehrenbürgerwürde aberkannt werden müsse.

Der Rat der Stadt Dorsten folgte danach dem Vorschlag von Bürgermeister Tobias Stockhoff, die Biografie von Schürholz durch die Historiker Dr. Josef Ulfkotte und Hans-Jochen Schräjahr wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen. Mit ihrem im Oktober 2024 vorgelegten, 100 Seiten umfassenden Bericht kommen sie zu dem Schluss, dass Schürholz zwischen 1933 und 1945 ein aktiver Teil der faschistischen Diktatur war und mehr als ein „Mitläufer“. Zugleich haben die Recherchen aber keine Hinweise ergeben für eine rassistische oder antisemitische Haltung oder eine aktive Beteiligung an Verbrechen des Nationalsozialismus. Das Fazit der Historiker:

„Der frühere Dorstener Bürgermeister und Ehrenbürger Paul Schürholz (1893-1972) war seit 1937 nominelles Mitglied der NSDAP. Er passte sich den politischen Verhältnissen nach 1933 an, indem er mehreren (gleichgeschalteten) NS-Unterorganisationen beitrat, um als Kaufmann, Interessenvertreter der Kaufmannschaft und Interessenvertreter der Altstadt im Stadtrat erfolgreich zu sein. Sein Amt als Schützenoberst verhalf ihm zu großer Popularität, die ihm als Wirtschaftsfunktionär, Kommunalpolitiker und nicht zuletzt als (Mit-)Inhaber des Textilkaufhauses am Markt zugutekam.

Entgegen seiner Behauptung, dass seine „Haltung gegenüber der praktischen Politik der örtlichen Machthaber in Dorsten eine offen ablehnende war“, unterstützte er seit 1933 die nationalsozialistische Politik vor Ort aktiv und trug so dazu bei, die Akzeptanz der nationalsozialistischen Herrschaft in weiten Teilen der Bevölkerung – nicht zuletzt bei den heimischen Unternehmern, Kaufleuten und Handwerkern – zu erhöhen und seinen persönlichen Einfluss in diesen Kreisen zu stärken.

Eine rassistische oder antisemitische Haltung kann ihm ebenso wenig unterstellt werden wie eine Bereicherung an jüdischem Eigentum sowie eine aktive Beteiligung an den Verbrechen der Nationalsozialisten. Nach 1945 verdrängte Schürholz seine Rolle als einflussreicher Akteur während der nationalsozialistischen Herrschaft auf lokaler und regionaler Ebene.“

Nach umfassender Beschäftigung mit den Ergebnissen der Recherche und einer Neubewertung der Person Paul Schürholz hat der Rat der Stadt Dorsten in der Sitzung vom 10.09.2025 auf gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, Grünen und des FDP-Ratsvertreters festgestellt, dass

1.    das Ehrenbürgerrecht des ehemaligen Dorstener Bürgermeisters Paul Schürholz mit seinem Tod erloschen ist.

2.    der damalige Rat der Stadt Dorsten sich in der Debatte über die Verleihung der Ehrenbürgerwürde (Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung am 09.12.1963, Verleihung am 15.12.1963) aus heutiger Sicht laut Sitzungsprotokoll nicht ausreichend und im nötigen Umfang mit dem Wirken von Paul Schürholz während der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigt hat.

3.    Paul Schürholz sich ganz offensichtlich niemals in der Öffentlichkeit von seinem Mitwirken im Nationalsozialismus distanziert und Schuldbewusstsein gezeigt hat.

4.    die Verdienste von Paul Schürholz in den Nachkriegsjahren als Bürgermeister und Demokrat sowie um den Wiederaufbau der zu großen Teilen zerstörten Stadt Dorsten unbestritten sind.

5.    die historischen und politischen Widersprüche und Brüche im Leben von Paul Schürholz sich in vielen Biografien des 20. Jahrhunderts widerspiegeln, ohne sein Verhalten in der NS-Zeit damit zu rechtfertigen, zu relativieren oder gar zu entschuldigen.

Der vollständige Abschlussbericht der „Historischen Spurensuche zur NS-Vergangenheit des Dorstener Kaufmanns, Wirtschaftsfunktionärs, Kommunalpolitikers und Obersten der Altstadtschützen – Paul Schürholz“ von Dr. Josef Ulkfotte und Hans-Jochen Schräjahr, einem wissenschaftlichen Review unterzogen von Dr. Stefan Mülhofer (Geschäftsführender Direktor der Kulturbetriebe Dortmund und Leiter des Stadtarchivs Dortmund) und Prof. Dr. Malte Thießen (Leiter des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte) kann hier eingesehen und nachgelesen werden:

1972: Tisa von der Schulenburg (1903-2001)
Künstlerin und Ordensfrau Schwester Paula, galt als eine Zeitzeugin des Jahrhunderts. Die Arbeiten der Künstlerin haben über Jahrzehnte das Leben in Dorsten begleitet. Sie hingen in Schulen, Verwaltungsgebäuden und Privathaushalten der Stadt. Das Leben der Adelsfrau, Künstlerin und Ordensfrau war auf einzigartige Weise erfüllt von sozialem Engagement und künstlerischer Schaffenskraft - das zeichnet ihr Werk und ihre Persönlichkeit aus. Als Protestantin geboren am 7. Dezember 1903 in Mecklenburg, konvertierte die Künstlerin 1949 zum katholischen Glauben und wurde damit zur "Schwester Paula", die in Dorsten lebte und wirkte, die engagiert Stellung für die Bergarbeiter der örtlichen Schachtanlage bezog, als mit den Zechenschließungen der Verlust tausender Arbeitsplätze drohte. Schwester Paula prägte darüber hinaus über Jahre die Kunsterziehung in der Stadt. Die Ehrenbürgerrechte erhielt sie am 16.09.1972 aus der Hand von Hans Lampen, seinerzeit Bürgermeister der Stadt Dorsten. Die Tisa-von-der-Schulenburg-Stiftung verwaltet heute ihr Werk und vergibt einen Förderpreis. Das Tisa-Archiv auf dem ehemaligen Zechengelände beherbergt die vielen verschiedenen Werke, die sie Zeit ihres Lebens geschaffen hat.

Weitere Informationen über Tisa von der Schulenburg und die Tisa-Stiftung finden Sie auf

1986: Hans Lampen (1923-2005)
ehemaliger Bürgermeister von 1964-1984, war auf der Dorstener Hardt geboren. Der Vermessungstechniker fand seine politische Heimat in der CDU, er machte sich um die Stadt verdient und engagierte sich in den Städtepartnerschaften und auf sozialer Ebene. Neben der Auszeichnung mit dem Ehrenbürgerrecht der Stadt Dorsten 1986 wurde er für seine Verdienste mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Verdienstorden 1. Klasse ausgezeichnet.

2011: Schwester Johanna, bürgerlich Ruth Eichmann (1926-2019)
Gründerin des Jüdischen Museums, langjährige Oberin des Ursulinenkonvents und Leiterin des St. Ursula-Gymnasiums in Dorsten, erhielt die Urkunde des Ehrenbürgerrechts am 12. Mai 2011. Die Autorin zahlreicher Bücher über das Leben deutscher Juden im Nationalsozialismus, die auch Mitautorin der Reihe "Dorsten unterm Hakenkreuz" ist, hat viele Jahre als Lehrerin, später als Leiterin der Ursulinen-Schulen gewirkt. Viele ehemalige Schülerinnen erinnern sich in Dorsten lebhaft an die reformfreudige Pädagogin. Schwester Johanna ist eine Mitbegründerin des Jüdischen Museum Westfalen in Dorsten, in der sie sich stark für die Aufarbeitung der christlich-jüdischen Vergangenheit und um eine lebendige Erneuerungsarbeit bemüht hat.

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