Sozialbericht der Stadt Dorsten
Der Rat der Stadt Dorsten hat im Juni 2020 den Aufbau eines kommunalen Datenmonitorings und eine fortlaufende Sozialberichterstattung zur Steuerungs- und Entscheidungsunterstützung für Politik und Verwaltung beschlossen.
Ziel einer Sozialberichterstattung und integrierten strategischen Sozialplanung ist es, eine datenbasierte Grundlage zu schaffen, um langfristig kommunale Handlungsperspektiven durch bedarfsgerechte sowie nachhaltige sozial- und familienpolitische Maßnahmen zu ermöglichen. Durch ein fortlaufendes Sozialmonitoring können die Daten in allen relevanten Handlungsfeldern den Fachplanungen je nach Bedarf für eine fachliche Einschätzung aktueller Entwicklungen jederzeit zur Verfügung gestellt werden. Sozialberichte liefern traditionell eine Momentaufnahme der sozialen Situation und Lebensverhältnisse in der Kommune zu einem Stichtag. Die Sozialberichte der Stadt Dorsten werden in einem Rhythmus von regulär alle 5 bis 7 Jahre veröffentlicht.
1. Sozialbericht 2020
„Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen und ihrer Familien in Dorsten“ heißt der erste Sozialbericht, den die Stadt in der nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses (Mittwoch, 3. Februar, 17 Uhr, Gemeinschaftshaus Wulfen) erstmals vorlegt. Nach Beratungen in weiteren Fachausschüssen steht der endgültige Beschluss auf der Tagesordnung der Ratssitzung im März.
- Beschlussvorlage für den Jugendhilfeausschuss
- vollständiger Sozialbericht 2020
- Glossar zur Beschreibung der Indikatoren
Das Ergebnis von zwei Jahren intensiver Arbeit umfasst 360 Seiten, bietet in knapp 150 Tabellen und Diagrammen, Fachbeiträgen und Analysen umfangreiche Informationen zu vielen Themenfeldern, erläutert bestehende Projekte und schlägt sozialpolitische Leitziele vor. Betrachtet und zueinander in Beziehung gesetzt werden unter anderem Betreuung, Gesundheit, Bildung und Erziehung von Kindern, Wohnsituation und gesellschaftliche Teilhabe von Familien, ihre Lebenssituation, Problemstellungen und Bedarfe – differenziert nach Stadtteilen, Altersgruppen, Geschlecht, Nationalitäten.
Der Sozialbericht ist für die nächsten Jahre eine wesentliche Arbeitsgrundlage für Verwaltung, Politik und weitere Akteure, um soziale Fragen in künftigen Planungen und Strategien noch stärker und auf Grundlage verlässlicher Fakten über reale Lebenswirklichkeiten zu berücksichtigen. Die Daten werden fortlaufend aktualisiert und der Sozialbericht wird alle fünf bis sieben Jahre neu aufgelegt.
Claudia Brüggemann, Expertin für Integrierte Strategische Sozialplanung, Lotsin im Haus der sozialen Leistungen und federführende Verfasserin des Sozialberichts: „Wer den Bericht studiert, wird schnell feststellen, dass letztlich Bildung der Schlüssel für Teilhabe ist. Eine Integrierte Sozialplanung liefert darum nicht nur Zahlen, sondern schaut genauer hin. Erstmals haben wir für diesen Bericht untersucht: Welche Bildungs- und Berufsabschlüsse haben die Eltern, welche familiären Hintergründe wie Einkommen, Sprache oder Bildung der Eltern beeinflussen das Aufwachsen von Kindern und wie verläuft ihr Bildungsprozess vom Kindergarten, über Grund- und weiterführende Schule bis zum Abschluss in Klasse 10.“
Der Bericht bietet dabei keine abschließenden Antworten auf soziale Fragestellungen und er wird auch nicht unmittelbar sichtbare Ergebnisse für Betroffene und Gesellschaft liefern. Vielmehr gibt er Impulse für die soziale Weiterentwicklung der Stadt und steht somit am Beginn eines längeren Veränderungs-Prozesses, in dem langfristig soziale und räumliche Bedingungen und Angebotsstrukturen verbessert werden können.
Nina Laubenthal, Erste Beigeordnete und Sozialdezernentin: „Der Sozialbericht soll auf diesem Weg das Bewusstsein und Wissen über die Lebenssituationen von Familien in unserer Stadt schärfen. Unsere Aufgabe ist es nun, die gewonnenen Erkenntnisse zu nutzen und in unser tägliches Handeln zu überführen. Dabei stehen wir am Anfang des Weges. Die Stadt Dorsten ist mit ihren Bürger*innen und Akteuren ein Ort der Vielfalt und der Kreativität mit einer Fülle innovativer und etablierter Ansätze, die uns auf diesem Wege begleiten und die in den folgenden Jahren einen noch bedeutsameren Anteil haben sollen.“
In diesem Sinne ist das umfassende Werk nicht nur Berichterstattung. Sondern von Seiten der Verwaltung werden für die untersuchten Handlungsfelder auch erste Handlungsempfehlungen und Gestaltungsansätze formuliert und mit dem Bericht zur Beschlussfassung vorgeschlagen.
Bürgermeister Tobias Stockhoff ist dabei wichtig, dass der Sozialbericht nicht nur ein Werkzeug für Politik und Verwaltung ist, sondern für die gesamte Bürgerschaft: „Wir arbeiten bereits an vielen Stellen ressort- und institutionsübergreifend zusammen. Dabei hat sich bestätigt: Das Zusammenwirken von Partnern, die unterschiedliche Kompetenzen und Ressourcen mitbringen, ist der Schlüssel zur Lösung vieler Herausforderungen. Auf unserem Weg zur Bürgerkommune heißt das: Um gute Lebensbedingungen für alle zu schaffen, brauchen wir die sozialen Akteure, freien Träger, Dienstleister und das Engagement der Bürger_innen, die in einer solidarischen Gemeinschaft Mitverantwortung tragen. Denn Gemeinsinn und Solidarität bestimmen letztlich die Qualität des Zusammenlebens in unserer Stadt und unseren elf Stadtteilen.“
Info
Mit dem Stadterneuerungsprogramm „Wir machen MITte“ hat Dorsten den Weg zu einer gesamtstädtische Sozialplanung sowie integrierten sozialräumliche Strategien begonnen. Für die Erstellung des Sozialberichts und den Aufbau eines Datenmonitorings bewilligte das Land Nordrhein-Westfalen durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales ab 2019 Zuschüsse aus dem Förderprogramm „Zusammen im Quartier“, das auch den Baustein „Daten zu Taten“ enthält. Letztendlich ist der Bericht ein Beitrag zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung insbesondere in sozial benachteiligten Stadtteilen.
2. Sozialbericht 2025
Wie entwickelt sich Dorsten? Welche Stadtteile verändern sich, wo gibt es Herausforderungen und was bedeutet das für die Menschen? Die Stadt Dorsten stellt ihren zweiten Sozialbericht unter dem Titel „Lebenslagen in Dorsten“ vor. Das fast 300 Seiten umfassende Werk gibt einen detaillierten Einblick in die soziale Entwicklung der Stadt und die Lebensbedingungen ihrer Bürgerinnen und Bürger. Um einen einfachen Zugang zu relevanten Informationen zu ermöglichen, können die einzelnen Themenfelder im Bericht unabhängig voneinander gelesen werden. Aufbauend auf dem ersten Sozialbericht aus dem Jahr 2020 analysiert der neue Bericht aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen und liefert wertvolle Erkenntnisse für zukünftige Planungen.
Der zweite Sozialbericht gliedert sich in neun Handlungsfelder, die anhand umfassender Indikatoren und aktueller Daten zum Stichtag 31. Dezember 2023 untersucht wurden. Dazu zählen unter anderem demografische Strukturen, Bildung und Erziehung, Erwerbsbeteiligung und Einkommen, Wohnen und Umwelt sowie gesellschaftliche Teilhabe. Die differenzierte Betrachtung ermöglicht es etwa der Verwaltung, Politik und Wohlfahrtsverbänden, gezielt auf sich abzeichnende soziale Entwicklungen zu reagieren und zukunftsweisende Maßnahmen zu ergreifen.
Besondere Aufmerksamkeit im Berichtsjahr 2023 galt der demografischen Datenerfassung: Geflüchtete Personen, die sich ausschließlich in temporären Unterkünften der Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) des Landes aufhalten, wurden in den meisten Indikatoren bewusst nicht berücksichtigt, obwohl diese in der regulären Bevölkerungsstatistik erfasst werden Aufgrund der hohen Fluktuation könnte ihre Einbeziehung zu fehlerhaften Interpretationen und Bedarfsplanungen (z. B. im Bereich Kitas und Schulen) führen.
Ein weiteres zentrales Anliegen des Berichts ist die Untersuchung der Teilhabechancen aller Dorstenerinnen und Dorstener. Die Rubrik „INFOplus“ greift zudem aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen und Diskurse auf, um eine noch breitere Perspektive auf soziale Entwicklungen zu ermöglichen.
Wie leben Familien in Dorsten? Der Bericht beginnt mit dieser Überschrift und einer Zusammenfassung in einfacher Sprache.
Zentrale Ergebnisse des Berichts
- Bevölkerungsentwicklung: Zum Stichtag 31. Dezember 2023 zählt Dorsten 77.294 Einwohnerinnen und Einwohner.
- Dorsten wird älter, internationaler und individueller: Der demografische Wandel betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche. Jede vierte Person in Dorsten ist über 65 Jahre alt.
- Erwerbsbeteiligung: Trotz steigender Beschäftigtenzahlen und geringerer Arbeitslosenquote in der Gesamtstadt wachsen mehr Kinder und Jugendliche in Familien auf, die Sozialleistungen erhalten.
- Wachsender Bildungsbedarf: Die steigende Anzahl an Kindern im Alter zwischen 3 und 14 Jahren erfordert kontinuierliche Investitionen in frühkindliche und schulische Bildung. Seit 2018 wurden in Dorsten 342 neue Plätze in der Kindertagesbetreuung geschaffen.
- Räumliche Unterschiede: Die s. g. Startchancen für Kinder bei Schuleintritt unterscheiden sich stark nach Stadtquartieren. Förderbedarfe und auch die Zahl der Hilfen zur Erziehung haben auch als Auswirkung der Corona-Pandemie im Vergleich zu 2018 zugenommen.
- Teilhabechancen variieren: Faktoren wie Einkommen, Bildung, Herkunft, Alter und Gesundheit beeinflussen den Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe.
Der Sozialbericht stellt eine übergreifende Analyse der sozialen Lage in Dorsten dar und dient als datengestützte Grundlage für politische und verwaltungsseitige Entscheidungen. Während Fachberichte wie die Schulentwicklungsplanung, die Kita-Bedarfsplanung oder der Seniorenförderplan darauf aufbauen, um gezielt Maßnahmen abzuleiten, bleibt der Sozialbericht eine Gesamtbetrachtung der sozialen Stadtentwicklung.
Erstmals sind die Symbole der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) in den Bericht integriert. Sie verdeutlichen die Zusammenhänge zwischen der sozialpolitischen Entwicklung Dorstens und den globalen Herausforderungen. Mit der Veröffentlichung des Sozialberichts sind Bürgerschaft, Verwaltung, Politik sowie Institutionen und Wohlfahrtsverbände aufgerufen, die Erkenntnisse zu nutzen, um die sozialen Strukturen der Stadt nachhaltig zu stärken.
Bürgermeister Tobias Stockhoff betont: „Der Sozialbericht ist nicht nur ein Werkzeug für Politik und Verwaltung, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger sowie engagierten Institutionen, Vereine und Gruppen. Eine lebenswerte Stadt entsteht durch konstruktive Zusammenarbeit zwischen Institutionen, Trägern und dem Engagement der Stadtgesellschaft.“
Nina Laubenthal, Erste Beigeordnete der Stadt Dorsten, ergänzt: „Der Sozialbericht gibt uns nicht nur einen Überblick über die sozialen Strukturen unserer Stadt, sondern er berichtet auch über die Maßnahmen, die wir in den vergangenen Jahren umgesetzt haben und zeigt noch bestehende Handlungsbedarfe auf. Wir sind gefordert, gemeinsam mit Politik, Verwaltung, Wohlfahrtsverbänden und der Bürgerschaft nachhaltige Lösungen zu entwickeln, um Dorsten für alle Generationen lebenswert zu gestalten.“
Claudia Brüggemann, Stabsstelle Integrierte strategische Sozialplanung und Verfasserin des Sozialberichts, wird diesen am 7. April 2025 im öffentlichen Teil der Sitzung des Sozialausschusses vorstellen. Sie betont: „Wir wollen mit diesem Bericht nicht nur Daten präsentieren. Er ist eine Einladung zur Diskussion und liefert eine Grundlage für strategische Entscheidungen, die es uns ermöglicht, soziale Entwicklungen vorausschauend zu gestalten und gezielt auf Herausforderungen zu reagieren.
Für Rückfragen steht Ihnen Claudia Brüggemann, Sozialplanerin bei der Stadt Dorsten per E-Mail an c.brueggemann@dorsten.de zur Verfügung, telefonisch unter der Rufnummer 02362 66-4552.